Diese Begriffe sollte jeder Startup-Gründer kennen

Diese Fachbegriffe sollten Startup-Gründer drauf haben

Von Sebastian Deutsch

Vieler unserer Kunden bei 9elements, einer Software Agentur aus dem Herzen des Ruhrgebiets, sind Startups. Ich habe in unserer Agenturlaufbahn bestimmt über 50 Startups betreut und das ein oder andere auch mit gegründet. Wenn wir mit jungen Gründern sprechen, fällt uns auf, dass viele das Startup 1×1 nicht wirklich beherrschen. Deswegen hier eine kleine Nachhilfestunde über die wichtigsten Vokabeln die man als Startup-Gründer einfach „drauf“ haben sollte:

KPI

Key-Performance Indicator – Welche Metriken sind für mein Unternehmen von besonderer Bedeutung?

Bei den KPIs handelt es sich zunächst um einfache Metriken, denen aufgrund der Ausrichtung eines Businesses oder einer Maßnahme/Kampagne besondere Bedeutung beigemessen wird. Die KPIs eines Unternehmens müssen jeweils selbst bestimmt werden und geben Auskunft darüber wie erfolgreich ein Unternehmen in Bezug auf die selbst gesteckten Ziele arbeitet.

Ein typisches KPI für einen Online Shop wäre z.B. die Conversion Rate, welche anzeigt wie viele Käufe in einem bestimmten Zeitraum getätigt wurden. Ist es das Ziel des Shops mehr Verkäufe zu erzielen, wird jede Maßnahme die zu diesem Zweck ausgeführt wird an ihrer Auswirkung auf den KPI (Conversion Rate) gemessen. Häufig haben Unternehmen mehrere KPIs, welche unterschiedlich betrachtet und auch priorisiert werden können.

So könnten für den Online Shop sowohl die Conversion Rate als auch der Zugewinn von Neukunden als KPIs angeführt werden, obwohl für beide nicht die jeweils gleichen Strategien und Maßnahmen ausgeführt werden müssen.

Foto: wavebreakmedia/ Shutterstock.com

CAC

Customer Acquisition Costs – Wieviel Geld muss ich ausgeben, bis ich einen Kunden erreiche, der für mein Produkt oder meine Dienstleistung bezahlt?

[mks_icon icon=“fa-book“ color=“#dd3333″ type=“fa“] Lesetipp: Warum ein Finanzierungsplan für Startups wichtig ist

Für viele Startups ist diese Gretchenfrage ein Mythos. Bei vielen herrscht auch der Irrglaube, dass man das Produkt erst vollständig entwickeln und launchen muss, bevor man die Customer Acquisition Costs berechnen kann. Dabei kann die CAC meist relativ leicht berechnet werden, selbst ohne eine einzige Zeile Code programmiert zu haben.

Man baut sich bei Launchrock ein kleine Landingpage, holt sich eine Domain (vielleicht sogar eine die man danach wieder kündigt, um sich eine Marke nicht zu verbrennen) und schaltet bei Google oder Facebook Paid Advertising. Ziel der Landingpage sollte es sein, dass man wenigstens die e-Mail Adresse eines Kunden bekommt oder vielleicht sogar einen Sale abschließt.

Im Falle eines Sales muss man, sofern man noch gar kein Produkt hat, den Kunden natürlich vertrösten oder sich damit entschuldigt, dass das Produkt bereits vergriffen sei.

In der Regel haben unterschiedliche Kanäle (Google, Facebook, Twitter) unterschiedliche CACs und meist haben sogar unterschiedliche Kampagnen (Wording, Bildmaterial) bereits unterschiedliche CACs.

Ziel ist es natürlich möglichst geringe CACs zu erzielen – z.B. hat Gary Vaynerchuk die Keywords “buy vine online” in der Anfangszeit von Google Adwords für knapp $0.20 eingekauft. Es ist auch völlig normal, dass die CACs auf verschiedenen Kanälen und sogar bei verschiedenen Kampagnen variieren.

Ein interessanter Growth-Hack: In den Anfängen von PayPal lagen die Kosten für die Akquise eines Kunden bei über $25. Deshalb hat PayPal folgende Kampagne gestartet: Wenn du einen Freund wirbst, dann erhalten du und dein Freund jeweils $10. Das war günstiger als $25 – und die Kunden haben sich ebenfalls gefreut.

LTV

Life-Time-Value – Wieviel Geld kann ich im Laufe eines Produktlebenszyklus mit einem Kunden verdienen?

Bei einem Produkt, wo es nur einmal einen Kauf gibt ist das relativ einfach – bei SAAS Produkten ist das natürlich schwieriger, weil man in der Regel nicht weiß wann Kunden abwandern bzw. kündigen (siehe Churn). Eine gute Geschichte um den LTV gibt es über das Ritz Hotel, sie geben bis zu 2000$ aus, um einen Kunden glücklich zu machen, weil sie wissen: Glückliche Kunden kommen (und bezahlen) wieder.

Foto: fizkes/Shutterstock.com

MRR/ARR

Monthly Recurring Revenue/Annual Recurring Revenue – Wie viel Umsatz macht mein Startup im Monat bzw. im Jahr?

Gerade bei B2B Produkten wo es viele Möglichkeiten zur  Individualisierung eines Standardprodukts geben kann ist es wichtig zwischen den reinen Lizenzeinnahmen und den Einnahmen aus Werkverträgen, für z.B. Individualisierungen, zu differenzieren.

Zweitere sind i.d.R. nur einmalige Einnahmen und tragen daher nicht zum MRR / ARR bei. Diese Metrik ist gerade dann besonders wichtig, wenn man z.B. Personal einstellen will und sich überlegen muss, ob man noch einen weiteren Mitarbeiter das ganze Jahr über bezahlen kann. Man sollte auch nicht nur auf saisonale Umsatzpeaks achten, sondern das große Ganze im Blick behalten.

Eine gute Methode ist es z.B. das Pricing dahingehend zu ändert, dass man Kunden einen Discount gibt, wenn sie jährlich anstatt monatlich bezahlen. Das kann zum einen die Conversion Rate deutlich steigern und zum anderen den Churn senken (letztlich sind wir alle Menschen und vergessen gerne mal unsere Kündigungsfristen).

Churn

Churn – Wieviel Prozent meiner Kunden kündigen den Dienst?

Churn kann viele Ursachen haben: Z.B. wenn ein Kunde das Produkt nicht häufig genug nutzt oder der versprochene Business-Value nicht erreicht wird.

Bei vielen Startups gibt es aber einen relativ einfachen Grund für Churn: Wird z.B. per Kreditkarte bezahlt und läuft diese aus wird das ebenfalls als Churn gewertet. Daher ist es wichtig einen Kunden, dessen Kreditkartendaten nicht mehr aktuell sind in einem vernünftigen Prozess dazu zu bewegen, sie auf dem neuesten Stand zu halten.

Ein gutes Beispiel für Churn ist Groupon, wo nur 1% der Kunden die durch Groupon für Merchants akquiriert werden tatsächlich bleiben, 99% der User kaufen nie wieder – und was noch schlimmer ist – meist wissen sie den Deal nicht einmal zu schätzen und geben schlechte Bewertungen.

Retention

Retention – Wie häufig kommen Nutzer wieder um mein Produkt zu nutzen?

Retention kann stattfinden weil dein Produkt, süchtig macht – Retention kann aber auch getriggert werden.

Merkt man z.B., dass ein User sich für einen Dienst zwar angemeldet hat ihn aber letztendlich nie benutzt, könnte man ihn kontaktieren und konkret Fragen: „Warum benutzt du unseren Service nicht? Dein Feedback ist wertvoll!“. Nutzer sind Menschen und Menschen sind vergesslich – manchmal brauchen sie einen kleinen Anstoß.

Wenn man ein Retention System entwickelt ist es allerdings wichtig, dass man auf eine gewisse Etikette achtet: Man sollte Retention e-Mails abschalten können und es nicht übertreiben. Das nervt User und treibt sie in den Churn.

Wer sich einmal mit dem Thema intensiv auseinander setzen möchte, sollte sich die Website http://reallygoodemails.com/retention/ zu Gemüte führen. Hier gibt es richtig geile Beispiele für gute Retention E-Mails.

DAU/MAU

Daily Active Users/Monthly Active Users – Wie viele User benutzen mein Produkt täglich oder wenigstens monatlich?

Man muss sich die Frage stellen wer die Poweruser des eigenen Produkts sind – was machen sie und wie kann man das monetarisieren? Die Serie South Park hat eine exzellente Episode (“Freemium Isn’t Free” S18 E06) gemacht, in der die Monetarisierung von Mobile Games ziemlich gut erklärt wird.

Dort ist es üblich, dass man nur das 1% der Poweruser eines Mobile Games dazu bekommt überhaupt für zusätzliche Dinge (z.B. In-Game Währung) zu bezahlen.

MoM

Month on Month Growth – Wie stark wächst mein Startup?

Es gibt ein sehr spannendes Essay von Paul Graham über Wachstum. Dabei definiert er, dass 5-7% Wachstum pro Woche ein guter Richtwert für ein Startup sind. Wenn man 10% schafft, ist man richtig gut. Investoren ist dieser KPI meist sehr wichtig, um das Potential zu erfassen.

Burn Rate

Burn Rate – Was sind meine monatlichen Kosten?

Damit ist nicht nur Personal gemeint – schnell summieren sich Büro-, und Reisekosten, sowie Abos für Softwareprodukte. Die meisten Menschen tun sich schwer diese Zahl exakt zu berechnen – doch es lohnt sich. Denn man merkt schnell, ob ein Startup wirklich ein Business ist, oder nur eine reine Herzensangelegenheit.

Runway

Runway – Wie lange kann mein Startup bei der aktuellen Burn Rate bestehen, bevor es Insolvenz anmelden muss?

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man es schaffen sollte so schnell wie möglich Cash Flow positiv zu sein – oder man sollte einen Plan haben, wie man schnell Cash Flow positiv werden kann.

Hat man das erstmal geschafft, kann man getrost jeden Euro für Wachstum investieren, bis der Markt gesättigt ist. Für den Fall, dass man das nicht schafft (die Wahrscheinlichkeit bei einem Startup liegt hier bei 90%) sollte man sich bei ca. 6-8 Monaten Runway um eine Anschlussfinanzierung kümmern, denn wählt man ein kürzeres Zeitfenster, wird man bei einer Finanzierungsrunde erhebliche Zugeständnisse machen müssen.

Die Verhandlung eines guten Deals kann schließlich schon mal ein paar Monate in Anspruch nehmen.

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Disclaimer

Ich habe mir diese Metriken bzw. Vokabeln nicht ausgedacht.

Es gibt andere gute Auflistungen die teilweise noch über das hier besprochene hinausgehen. Z.B. muss ein SAAS Startup andere Metriken berücksichtigen, als eine Mobile App.

Ihr habt Fragen? Trefft Sebastian im Ruhrgründer Slack Channel!

Wenn ihr Fragen habt, wie ihr die Metriken für euer Startup gestalten sollt, dann kommt in den Ruhrgründer Slack Channel und stellt mir die Fragen direkt. Wenn ihr noch weitere Metriken kennt, die ich hier vergessen habe, immer her damit – betrachtet diesen Artikel als ein Living Document.


Sebastian Deutsch
Sebastian Deutsch (Foto: privat)

Sebastian Deutsch ist Mitgründer der Digitalagentur 9elements mitten im Bochumer Bermudadreieck. Neben Kunden-Aufträgen für große Unternehmen wie Deutsche Telekom oder Microsoft unterstützen Sebastian und sein Team auch Startup-Projekte wie Ausbildung.de oder basteln an eigenen Softwareprogrammen wie dem PhotoEditor SDK. Sebastian ist schon lang in der Bochumer Startup-Szene aktiv und immer mal wieder als Speaker bei Digital- oder Startup-Events dabei, wie z. B. den Fuckup Nights.

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