Pottsalat.de – Vom Startup-Chaos zur Systemgastronomie [Interview]

Pottsalat: „Weg vom Startup-Chaos, hin zur Systemgastronomie“

Es läuft beim Essener Online-Lieferdienst Pottsalat.de.

Seit ihrer Gründung im Januar 2017 ist das Team um die drei Gründer Pia Gerigk, Alexandra Künne und Ben Küstner stetig auf Wachstumskurs.

Dafür haben sie Ende 2017 ein sechstelliges Investment von den Productsup-Gründern Johannis Hatt und Kai Seefeldt sowie Oliver Weimann als Business Angels eingesammelt.

Update März 2020: Um nach Eröffnung ihrer zweiten Filiale in Dortmund im Dezember 2019 ihren Expansionskurs voranzutreiben, starteten die Pottsalat-Gründer*innen im März 2020 eine Crowdinvesting-Kampagne.

Doch was nach einem glatten Durchmarsch klingt, begann für die drei Gründer als Gleichung mit lauter Unbekannten. Und einem verrückten ersten Auslieferungs-Tag.

Im Interview mit Mit-Gründer Ben Küstner blicken wir hinter die Kulissen von Pottsalat.de.


Pottsalat - Salat in Ökobox
(Foto: Sebastian Becker/POTTSPOTT.de)

Was ist das Besondere an Pottsalat.de und wie ist die Idee dazu entstanden?

Ben: Pottsalat.de ist ein reiner Salat-Lieferservice. Die Grundidee kam von meiner Freundin Pia, die nach ihrem Angestelltendasein ihr eigenes Ding machen wollte. Gesunde Ernährung und besondere Salatkreationen waren schon lange ihr Hobby und so war die Grundidee, ein Restaurant oder eine Salatbar zu eröffnen.

Weil das Thema Lieferdienste aber immer stärker wird, haben wir uns überlegt, ob wir nicht in diese Richtung gehen und das ganze noch weiterdenken, also dass die Kunden ihre Bestellungen über unseren Onlineshop aufgeben.

Unsere Idee war also, eCommerce mit Gastronomie zu verbinden. Der Food und Gastro Bereich sind einige der wenigen Branchen, die in Sachen Digitalisierung noch ganz am Anfang stehen.

Das heißt, ihr vertreibt nur Online und habt kein Ladenlokal, in dem man vor Ort essen kann?

Ben: Nicht ganz. Wir sind kein hundertprozentiges Ghost Restaurant, wie es sie bereits in New York, Hamburg & Berlin gibt.

Im Vergleich zu einem Ghost Restaurant haben wir ein für Kunden begehbares Ladenlokal. Du kannst vorbei kommen, deine Salat-Bestellung bei uns selbst abholen oder sogar ganz klassisch vor Ort bestellen. Es gibt jedoch keine Sitzplätze.

Das hat gewisse Vorteile. Sobald man einen Sitzplatz anbietet, fällt man unter das deutsche Gaststättengesetz und muss zum Beispiel auch eine Kundentoilette haben.

Pottsalat in Essen
(Foto: Sebastian Becker/POTTSPOTT.de)

Ein anderer Vorteil ist, dass man effektiver Marketing machen kann.

Vor Pottsalat.de.de war ich Mitgründer von Bang Bang Burger & Beer, wo ich als Marketer viel Erfahrung sammeln konnte, wie man vor allem mit neuen Mitteln werben kann, also mit Social Media und Facebook Ads.

Weil wir aber ein klassisches Restaurant waren, konnte ich als Marketer nie genau sagen, welche Maßnahmen tatsächlich funktionieren.

Ein klassischer Medienbruch. Man konnte es nicht wirklich tracken.

Jetzt haben wir zwar auch ein Offline Business, der Großteil der Conversions findet jedoch online statt.

Deswegen können wir genau messen, wie wir Kunden durch verschiedene Online Marketing Kanäle akquirieren, wieviel jede einzelne Marketing Kampagne kostet und wieviel Umsatz wir mit ihr machen.

Das ist nicht das einzige, was Euch von anderen Lieferdiensten unterscheidet. Was macht Eure Produkte aus?

Ben: Pottsalat.de ist auf vollwertige Salate spezialisiert, die wir ausschließlich in ökologischen und recycelbaren Verpackungen ausliefern und zwar nicht mit dem Auto, sondern mit unserer eigenen E-Bike-Flotte.

Auslieferung mit dem E-Bike bei Pottsalat
(Foto: Sebastian Becker/POTTSPOTT.de)

Als wir drei Gründer noch angestellt in Unternehmen gearbeitet haben, haben wir alle die Erfahrungen gemacht, dass es oft schwierig ist, sich in der Mittagspause gesund zu ernähren. Das Problem haben viele.

Besonders in Gewerbegebieten gibt es oft nur die übliche Pommesbude um die Ecke. Wir wollten mit unserem Lieferdienst deshalb den Kunden eine gesunde Alternative anbieten.

Gleichzeitig liegt uns das Thema Nachhaltigkeit am Herzen. Deswegen die Auslieferung mit E-Bikes, die übrigens auch mit Ökostrom betrieben werden.

Ein anderer Grund, warum wir uns für E-Bikes entschieden haben, ist die Effizienz.

In der Großstadt geht es heute oft schneller und einfacher, mit dem Fahrrad auszuliefern als mit dem Auto.

Die Last Mile zum Kunden lässt sich auf dem Fahrrad schneller und unkomplizierter realisieren.

Erzähl mal was zu Eurem Gründerteam. Wer seid Ihr?

Ben: Wir haben zu dritt gegründet: Meine Freundin Pia, Alexandra und ich.

Pia hat vorher im Modebereich ein deutschlandweites Team geleitet. Deswegen ist Personalführung auch jetzt ihr Schwerpunkt bei uns.

Sie war, wie schon gesagt, die treibende Kraft für die Gründung von Pottsalat.de.

Sie hat sich schon immer ausgefallene Salatkreationen ausgedacht. Unseren Top Seller beispielsweise, der Limbecker Schatz, gibt es schon viel länger als Pottsalat.de. Der war auf jeder Geburtstagsparty immer der Hit, von dem alle immer das Rezept haben wollten.

Pia hatte die Idee zu Pottsalat.
(Foto: Sebastian Becker/POTTSPOTT.de)

So ist dann auch die Idee entstanden.

Alex hat Ernährungswissenschaften studiert. Sie ist deshalb auch in die Rezeptzusammenstellung sehr stark involviert. Sie hat einen Blick auf die verschiedenen Ernährungstypen, auf Allergien und bestimmte Diäten.

Wir versuchen für jeden ein bis zwei passende Salate anzubieten.

Ich selbst komme aus dem Bereich Online Marketing und habe vorher schon in verschiedenen Startups gearbeitet, bei Sparhandy zum Beispiel.

Später habe ich mit ein paar Kumpels aus Gelsenkirchen den Burgerladen Bang Bang Burger & Beer gegründet, aus dem ich inzwischen ausgestiegen bin.

Parallel habe ich die Agentur Social Marketing Nerds mitgegründet, mit der wir Startups in Sachen Facebook Werbung beraten.

Ihr habt ein Jahr gebootstrappt und habt Ende 2017 ein 6-stelliges Investment eingesammelt. Was macht Ihr mit dem Geld?

Ben: Wir haben mit unserem eigenen Geld angefangen und versucht unsere Idee so lean wie möglich am Markt zu testen.

Fast unser gesamtes Equipment war zu Beginn second hand.

Second hand Equipment bei Pottsalat
(Foto: Sebastian Becker/POTTSPOTT.de)

Wir hatten nachher fünf oder sechs Kühlschränke übereinander gestapelt. Und nach zwei Monaten war die Spülmaschine kaputt.

Dank des Investments konnten wir endlich in professionelles Gastronomie-Equipment investieren.

Außerdem ist es uns seitdem möglich, auch abends öffnen. Vorher hatten wir nur mittags ausgeliefert. Seitdem verkaufen wir am Tag ungefähr 200 Salate in einem Umkreis von 5 Kilometer vom Ladenlokal, im Essener Stadtgebiet.

Was sind die wichtigsten nächsten Schritte?

Ben: Das wichtigste ist, die Operations und Prozesse zu professionalisieren. Also weg vom Startup-Chaos hin zur effizienten Systemgastronomie.

Und wenn das passiert ist, gehen wir an den nächsten Standort. Aber bis dahin muss die Zentrale erstmal laufen, um sie dann kopieren zu können. Sonst kopiert man ja die Fehler mit.

Wir hatten zwar schon Franchising-Anfragen, sind aber noch nicht so weit, dass man sagen könnte, wir machen jetzt drei Läden gleichzeitig auf.

Was waren Eure größten Herausforderungen bisher?

Ben: Das waren definitiv die ersten Tage. Du stehst halt da und weißt noch nicht, wie viel Salat Du kaufen musst und ob Du für den Tag richtig eingekauft hast.

Du hast vier Fahrer da, die das zum ersten Mal machen. Du selbst machst das zum ersten Mal und weißt gar nicht, was Du denen sagst, wie sie fahren sollen.

Offiziell eröffnet haben wir am 4. Januar 2017. An dem Morgen gab es Neuschnee. Um 12 Uhr wurde zum ersten Mal ausgeliefert und um 11 Uhr war der Typ vom Gesundheitsamt da.

Alles, was man am Anfang nicht braucht, ist in den ersten Tagen passiert. Der Laden stand in den ersten Wochen zweimal unter Wasser.

(Foto: Sebastian Becker/POTTSPOTT.de)

Extrem waren auch unsere Lernerfahrungen rund um die ganze Lieferthematik.

Dadurch, dass die Leute im Onlineshop bestellen, haben sie eine andere Erwartungshaltung. Das Problem haben auch Online-Supermärkte.

Sobald du ein paar Minuten später als angekündigt bist, beschweren sich viele.

Man hat Peak-Zeiten, in denen es richtig abgeht. Und dann wieder Phasen, wo gar nichts passiert.

Das hinzubekommen, war eine große Herausforderung.

Da haben wir wirklich viel gelernt und auch digital umgesetzt.

Unser Online-Shop zum Beispiel ist kein normaler eCommerce Shop mehr. Wir haben inzwischen ein ziemlich komplexes System entwickeln lassen mit Lieferslots und Vorlaufzeiten. Je nachdem aus welchem Stadtteil du bestellst, werden andere Lieferzeiten angegeben.

Ist das Ruhrgebiet der richtige Standort, solch ein Startup zu gründen? Warum habt Ihr Euch für Essen entschieden?

Ben: Ich bin Kind des Ruhrgebiets, war aber auch eine Weile in Berlin. Es ist hier im Ruhrgebiet auf jeden Fall schwieriger, was Onlineservices angeht. In Berlin ist die Akzeptanz für Onlinebestellungen viel höher, die Zielgruppe ist viel größer.

Der Nachteil an Berlin ist, dass man einer von vielen ist. Im Ruhrgebiet sticht man mit neuen Konzepten noch eher hervor.

Ich lebe hier, ich arbeite hier und ich möchte auch hier bleiben. Unser Ding kann man überall starten, ob in Essen oder in Berlin.

Warum soll ich es dann nicht einfach in Essen starten?


Letztes Update: 5. März 2020

Ein ganz herzliches Dankeschön an Sebastian Becker von POTTSPOTT.de für die tollen Fotos!

Geschrieben von
carmen
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3 Kommentare
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Geschrieben von carmen