Alexander Hüsing von deutsche-startups.de: „Das Ruhrgebiet muss lauter werden“

In Bottrop geboren begleitet Alexander Hüsing, Gründer und Chefredakteur von deutsche-startups.de, seit vielen Jahren vor allem das Startup-Geschehen in der Gründermetropole Berlin.

Seit ein paar Jahren aber hat er verstärkt auch im Blick, was sich in seiner alten Heimatregion, im Ruhrgebiet, in der Digitalszene so tut.

Jetzt hat er darüber ein Buch geschrieben mit dem schönen Titel Wann endlich grasen Einhörner an der Emscher? Darin nimmt er nicht nur die Startup-Szene Ruhr genau unter die Lupe, sondern erzählt vor allem viele Gründergeschichten aus dem Pott.

Im Interview mit uns verrät Alexander, welche Gründerstorys ihn besonders beeindruckt haben, was das Ruhrgebiet auf seinem Weg zur Startup-Hochburg noch besser machen könnte und wann die Einhörner endlich auch an der Emscher grasen.

Event-Tipp: Am Montag, 23. September, könnt Ihr Alexander live erleben: Im Rahmen der startupweek:RUHR gibt es von 12 bis 14 Uhr ein exklusives Meet & Greet mit Alexander Hüsing im ruhr:HUB, inkl. Lesung und Signierstunde. Anmelden könnt Ihr Euch hier.


Hallo Alexander, als Startup-Experte und gebürtiger Bottroper begleitest Du ja jetzt schon einige Jahre, was sich in der Gründerszene Ruhr so tut. Wie kam es dazu, darüber ein Buch zu schreiben?

Die Idee wurde über den Messenger von Facebook geboren. Der Bottroper Verleger Werner Boschmann hat mich Ende des vergangenen Jahres angeschrieben und mich gefragt, ob wir ein Buch über die Startup-Szene im Ruhrgebiet machen sollen.

Ich war sofort Feuer und Flamme für die Idee. Das Medium Buch ist optimal, um die digitale Szene einer Zielgruppe näherzubringen, die sonst bisher kaum mit ihr in Berührung gekommen ist. Zudem waren auch etliche Gründerinnen und Gründer aus der Region sofort ziemlich begeistert davon, ihre Firmengeschichte gedruckt in einem Buch lesen zu können.

Kurzum: Das Medium Buch begeistert noch immer die Massen.

Die Gründerstorys in dem Buch zeigen: Es gibt eine große Bandbreite an Ideen und Branchen. Siehst Du trotzdem einen Schwerpunkt, wo das Ruhrgebiet besonders stark ist und was das typische Ruhrpott-Startup ausmacht?

Das Ruhrgebiet ist an vielen Stellen sehr stark. Etwa in den Segmenten Cybersecurity, IndustialTech und Logistik. Vor allem gibt es im Revier sehr viele B2B-Startups. Das typische Ruhrpott-Startup ist so in den vergangenen fünf bis sechs Jahren entstanden. Die Gründer sind meist extrem bodenständige Typen.

„Starallüren gibt es im Pott nicht. Hier gibt es halt noch immer viele echte Malocher.“

Alexander Hüsing, Gründer und Chefredakteur von deutsche-startups.de

Es war sehr angenehm die vielen Geschichten niederzuschreiben. Starallüren gibt es im Pott nicht. Hier gibt es halt noch immer viele echte Malocher.

Welche Geschichten haben Dich besonders beeindruckt?

Die Geschichte von Ingpuls, die smarte Drähte herstellen, ist einfach spannend. Der Weg zum funktionierenden Unternehmen und vor allem zum Lieferanten der Großkonzerne war für das Ingpuls-Gründerteam weit und schwer sowie voller Missgeschicke und Pannen. Aber immer wieder auch voller Chancen.

Auch bei Puppeteers aus Dortmund ist die Firmengeschichte Motivation pur. Nicht mal ein Jahr nach dem euphorischen Start war das Unternehmen fast schon wieder Geschichte. Das Unternehmen war nie eine Internet-, Digital- oder gar eine Werbeagentur, sondern immer etwas zwischen all diesen Welten und im Grunde noch viel mehr.

Vor allen Dingen aber war Puppeteers immer ein Unternehmen im Wandel. Die Gründungsidee war es, eine Serie zu produzieren. Im Kern ging es somit schon damals darum, Geschichten zu erzählen. Aber auch die Geschichten von Urlaubsguru, Masterplan und G Data sind tolle Geschichte, die Mut machen, selbst etwas gründen zu wollen.

In der Einleitung findest Du klare Worte dafür, warum es hier im Ruhrgebiet mit der Startupszene nicht so abgeht wie beispielsweise in Berlin. Und ich persönlich habe momentan auch den Eindruck, dass nach der Aufbruchstimmung vor 2-3 Jahren wieder jeder sein eigenes Ding macht als an einem Strang zu ziehen. Gibt es Deiner Einschätzung nach vielleicht etwas, das wir uns bei anderen erfolgreichen Startup-Regionen abgucken können?

Das Ruhrgebiet muss vor allen Dingen einmal lauter werden. Das Ruhrgebiet verfügt über die höchste Hochschuldichte Europas und somit über viele gut ausgebildete und schlaue Menschen. Trotzdem labt sich die Region an seiner Vergangenheit.

„Das Ruhrgebiet muss vor allen Dingen einmal lauter werden.“

Alexander Hüsing, Gründer und Chefredakteur von deutsche-startups.de

Der dauernde Blick zurück und insbesondere die damit verbundene penetrante Nostalgie taugen nicht als Zukunfts- oder gar als Geschäftsmodell. Denn der Pott kocht schon lange nicht mehr, auch wenn viele Politiker, Behörden und Initiativen dieses Bild immer und immer wieder bemühen.

Die bereits vorhandene digitale Szene im Revier hat aufgrund dieser ständigen Rückschau bisher in der Öffentlichkeit des Ruhrgebiets nicht den Stellenwert erhalten, den sie verdient hätte. Alle Menschen im Revier müssen zu Markenbotschaftern für das neue, moderne, startuppige Ruhrgebiet werden.

Welche Wirkung erhoffst Du Dir von Deinem Buch?

Aufmerksamkeit für die Region und die Unternehmen in der Region.

Die Zukunft des Ruhrgebiets sind viele kleine, mittlere und große Startups. Viele kleine, mittlere und große Firmen, die anderen Menschen zeigen, dass Unternehmertum eine Möglichkeit ist, sich selbst zu verwirklichen. Viele kleine, mittlere und große Unternehmen, die den Menschen im Ruhrgebiet Arbeitsplätze bieten.

Einfach viele viele Gründungen, die zeigen, dass das Revier mehr zu bieten hat als die Vergangenheit.

Hand aufs Herz, glaubst Du wirklich, dass das Einhorn im Pott heimisch werden könnte?

Alles ist möglich! Vor 10 Jahren hat auch niemand damit gerechnet, dass in Berlin im Jahre 2019 gleich mehrere Einhörner, also Unternehmen, die mehr als 1 Milliarde Dollar wert sind, existieren. Derzeit fließt unglaublich viel Geld in deutsche Startups. Dieses Geld fließt aber noch nicht in den Pott. Dies gilt es zu ändern, dann grasen auch bald EInhörner an der Emscher.

Geschrieben von
carmen
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Geschrieben von carmen